Periimplantitis

Periimplantitis

Periimplantitis tritt nach der erfolgreichen Einheilung des Implantats auf. Dies ist besonders betrüblich für die Patienten: denn genau in dem Augenblick, an dem alle gut aussieht und wenn die Patienten anfangen, die Implantate zum Kauen zu verwenden, beginnt der Verlauf der Periimplantitis. Sie beginnt an der mundnahen Kortikalis, die sich zunehmend auflöst. Die Erkrankung muss von der peri-implantären Ostitis abgegrenzt werden, die aufgrund von älteren, im Knochen vorliegenden Infektionen auftritt (Fig. 1).

Fig. 1: Auf diesem Röntgenbild sind vier unterschiedliche Entzündungen sichtbar.

  • Am Eckzahn distal-crestal ist eine Parodontitis erkennbar, die den crestalen Knochen angegriffen hat.
  • An der Wurzelspitze des Eckzahns erkennen wir eine chronische apikale Ostitis im Bereich des überpressten Wurzelfüllungsmaterial, mit Knochenauflösungen.
  • Am mesialen Implantat erkennen wir den kraterförmigen Abbau der 1. Kortikalis. Hier liegt eine Periimplantitis vor.
  • Am distalen Implantat ist eine enossale Ostitis erkennbar, die vermutlich von dem röntgensichtbaren Füllungsrest ausging und das distale Implantat erfasst hat.

Einfache Fälle von Periimplantitis

In einfachen Fällen beträgt der Knochenverlust um das Implantat herum 1 - 3 mm, und nur leichte Entzündungszeichen sind an der Mundschleimhaut sichtbar. Es kommt zu leichten Blutungen und geringen Schmerzen, die mit Schmerzmitteln gut beherrschbar sind. Gegen die Blutung können besondere Hygienemassnahmen und die lokale Desinfektion helfen. Antibiotika haben sich hingegen nicht als wirksam erwiesen, um eine Periimplantitis (egal in welchem Stadium) wirksam zu behandeln oder gar zu heilen.

Mittelschwere Fälle von Periimplantitis

Von einem mittelschweren Fall wird man sprechen, wenn ca. 50% des vertikalen Knochens um die Implantate herum verloren gegangen ist. Die grössten Probleme bereiten in solchen Fällen der immer wieder auftretende Eiter um die Implantate herum, und daneben die begleitende Blutung. Der Rückgang von Knochen und Zahnfleisch wird zunehmend sichtbar und wirkt hässlich. Viele der betroffenen Patienten beklagen schon in diesem Stadium den schlechten Geschmack und eitrigen Geruch.

Finale (schwere) Fälle

In schweren Fällen von Periimplantitis wird der Knochen fast vollständig resorbiert. Im Regelfall sind tiefe Taschen das Resultat, die fortwährend entzündet sind, bluten und eitern. Werden die Taschen chirurgisch entfernt, so bleiben die langen dunkelgrauen Implantatkörper sichtbar. Dazwischen bleibt das Essen hängen und die Aesthetik ist schwer beeinträchtigt (Fig. 1, Fig. 2).

Fig. 2: Beispiel: Der Knochen um alle drei Implantate ist im rechten Oberkiefer der Patientin bis hin zur Spitze der Implantate verloren gegangen (es wurden «hochwertige» konventionelle Vollschraubenimplantate eines Schweizerischen Herstellers verwendet). Obwohl die Patientin sehr unter den chronischen intra-oralen Entzündungen litt, wünschte sie keine Implantatentfernung, da ihr klar war, dass sie damit ihre Kaufähigkeit verlieren würde. Die Implantate, die sich vormals im hinteren Unterkiefer auf beiden Seiten befunden hatten, waren aufgrund der Periimplantitis bereits verloren gegangen. Die beiden anterioren Implantate scheinen von der Periimplantitis nur wenig betroffen zu sein, was darauf hinweist, dass diese Erscheinung wohl primär keine infektiöse Ursache hat.

Fig. 3: Beispiel: Der Knochen um diese 2-phasigen Implantate herum ist fast vollständig verloren gegangen. Die meisten Patienten würden nicht warten, bis die klinische Situation so schlecht wird. Sie würden früher einer Implantatentfernung zustimmen.

Warum tritt Periimplantitis auf und warum kommt es so häufig zur Periimplantitis?

In der Mundhöhle leben Millionen von Bakterien. Ihre Zahl reduziert sich beim Essen und Trinken, sie werden vom Essen und Speichel weggeschwemmt. Bakterien können sich jedoch auf allen harten Oberflächen im Mund festsetzen und sich dort fortwährend vermehren. Wir kennen das von unseren Zähnen her.

Beinahe alle 2-phasigen Implantate haben das Problem, dass sie während der Herstellung mit einer rauen Oberfläche versehen werden. Dies wird gemacht, um einen (angeblich) besseren Verbund zwischen der Implantatoberfläche und dem Knochen zu erreichen: eine angeblich verbesserte Osseo-Integration.

Wir wissen jedoch seit langem, dass das Knochenniveau sich an diesen Implantaten um 1 - 3 mm zurückziehen wird, während das Implantat einheilt. Dadurch wird die raue Implantatoberfläche frei gelegt und sie kann von Bakterien besiedelt werden. An solchen rauen Oberflächen können sich Bakterien sehr gut festhalten.

Ein grosser Teil der Implantat-Patienten hat die Zähne aufgrund des Fehlens von Mundhygiene verloren. Zumindest war die mangelhafte Pflege erheblich mit Schuld am frühen Zahnverlust. In dieser Situation macht es wenig Sinn, Patienten mit pflegeintensiven 2-phasigen Implantaten (mit rauer Oberfläche) zu versorgen.

Mit anderen Worten: konventionelle (2-phasige Implantate) sind von vorneherein ziemlich ungeeignet für die grosse Gruppe der Nicht-Putzer in der Bevölkerung. Es kommt hinzu, dass diese Implantatsorte mit grossen Implantatoberflächen (z.B.. grosse Durchmesser von Implantaten mit noch dazu mechanisch oder chemisch vergrösserter Oberfläche) versehen sind. Die Oberflächen der Implantate sind im Regelfall per se schon zu gross, was automatisch dazu führt, dass sie nicht vollständig in den Knochen einheilen können, weil dazu der funktionelle Anreiz fehlt.

Ein weiteres Problem der 2-phasigen Implantate ist, dass sie nur die 1. (crestale) Kortikalis und den darunter liegenden spongiösen Knochen für die Verankerung benutzen. Vor allem die 1. Kortikalis ist ohnehin anfällig für Knochenabbau. Kommt es dazu, dann liegt noch mehr von der ungünstigen rauen Oberfläche frei. Unter diesem Gesichtspunkt sind konventionelle 2-phasige Implantate generell falsch konzipiert und ihre Anwendung sollte untersagt oder zumindest sollten ihre Anwendungsgebiete stark reduziert werden.

Behandlung der Periimplantitis

Bis heute besteht keine effektive Behandlungsmöglichkeit gegen diese Erscheinung. Alle Versuche die betroffenen Implantatoberflächen zu säubern sind nutzlos, weil fortwährend Millionen von neuen Bakterien im Munde gebildet werden. Auch der Versuch, die rauen Oberflächen der Implantate im Mund zu polieren führt zu keinem Ergebnis, da eine Politur ganz nahe am Knochen nicht möglich ist, und weil Bestandteile der Polierer dort hängen bleiben und die Infektion sodann begünstigen.

Gelegentlich stoppt eine aufgetretene Periimplantitis von alleine: dies kann dann passieren, wenn die Erscheinung resorptions-stabile Knochenareale erreicht.

Die Wissenschaft muss heute zugeben, dass verlässliche Therapien gegen Periimplantitis nicht zur Verfügung stehen. Es darf bezweifelt werden das es gelingt eine Therapie zu finden, um grosse, 2-phasige Implantate mit rauen Oberflächen mehrheitlich, dauerhaft und infektionsfrei im Munde zu befestigen:
Review of the treatment protocols for peri-implantitis

Die 2-phasigen Implantate zu entfernen ist bis heute der einzige 100% sichere Weg um, diese Krankheit zu vermeiden.

Kenntnisstand der Medizinalpersonen zum Thema Periimplantitis

In einer Umfrage der Schweizerischen Zeitschrift für Zahnmedizin wurden aktive und zugelassene Medizinalpersonen befragt, welche die von ihnen vermuteten Ursachen für das Auftreten dieser Erkrankung sind.

Es verwundert nicht, dass fast alle Antworten der befragten Schweizer Zahnärzte aus heutiger Sicht falsch waren und sind. Nachfolgend geben wir eine Übersicht über die Antworten, die an Unverständnis kaum zu überbieten sind:

Suggested reasons for periimplantitis (%)
Periodontitis 79.7 0.194 72.0
Smoking 76.9 0.365 71.4
Bad Compliance 53.2 0.247 60.9
Parafunction 20.3 0.618 23.1
Smooth Implant Surface 24.4 0.126 16.2
Rough Implant Surface 31.6 0.914 32.3
Short Implants 17.7 0.012 7.1
Reduced Diameter 16.5 0.008 6.0
After Sinuslift 10.1 0.999 10.1
After Augmentation 21.5 0.799 20.1
After Immediate Loading 31.6 0.671 29.0
Knowledge of CIST (%) 61.5 0.001 39.8

Lediglich 31.6% der befragten Schweizer Zahnärzte konnten «raue Implantatoberflächen» als Ursache identifizieren. Die beiden anderen Hauptgründe, nämlich «mehrteilige Implantate» und «grosse Schleimhaut-Durchtritts-Durchmesser» wurden von keinem der befragten Zahnärzte richtig angegeben.
Fazit: der Wissensstand der Schweizer Zahnärzte war zum Zeitpunkt der Befragung ausserordentlich mangelhaft. Offenbar werden weder in der universitären Ausbildung noch in der postgradualen Weiterbildung die Tatsachen gelehrt.

Wir sind davon überzeugt, dass solche schockierenden Umfrage-Ergebnisse nicht nur in der Schweiz, sondern in den meisten westlichen Länder erzielt werden würden. Es fehlt nicht nur am aktiven, hersteller-unabhängigen Wissen. Selbst der «gesunde Menschenverstand» scheint bei Medizinalpersonen aus unerklärlichen Gründen schwer beeinträchtigt zu sein.

Schlussbetrachtung

In erster Linie ist das aus biologischer Sicht unbrauchbare Design der meisten 2-Phasen-Implantate (mehrteiliges Design, grosse Duchmesser, aufgeraute Oberfläche) als Ursache der Periimplantitis identifizierbar. Die Periimplantitis ist ein zunehmendes Problem in den westlichen Ländern, da genau diese Implantate mehr und mehr verwendet werden. Zur Anwendung in der andauernd massiv bakteriell besiedelten Mundhöhle sind raue Implantatoberflächen grundsätzlich als ungeeignet anzusehen. Bis heute gibt es keine wirksame Therapie gegen eine einmal aufgetretene Periimplantitis.

Wir empfehlen solche Implantate nicht mehr zu verwenden, da nach der Entwicklung der sogenannten basalen Implantologie (Strategic Implant®) sichere alternative Behandlungstechniken und Medizinprodukte zur Verfügung stehen, bei denen das Problem nicht mehr auftreten wird. Diese Technologien haben keine vergleichbar schweren Nebenwirkungen.